Ethik Kultur spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des ethischen Kompasses eines Menschen und damit der Moral und der Art und Weise wie wir ethische Entscheidungen treffen. Neben unseren persönlichen Merkmalen ist Kultur das was uns am meisten prägt und zur Bildung unserer Persönlichkeit beiträgt […]
Kultur spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des ethischen Kompasses eines Menschen und damit der Moral und der Art und Weise wie wir ethische Entscheidungen treffen. Neben unseren persönlichen Merkmalen ist Kultur das was uns am meisten prägt und zur Bildung unserer Persönlichkeit beiträgt. Dabei nimmt Kultur einen sehr großen Raum ein und beeinflusst unsere Wahrnehmung, die Art wie wir kommunizieren und auch die Art wie wir Entscheidungen treffen.
Kultur bildet dabei auch den Rahmen von Werten, Normen und Überzeugungen, die das menschliche Verhalten und die Interaktionen innerhalb der Gesellschaft bestimmen. Kultur beeinflusst somit auch unsere moralischen und ethischen Vorstellungen, unsere Wahrnehmung von richtig und falsch, gut und schlecht und wie wir uns ethischen Fragestellungen nähern und den Weg wie wir diese aufzulösen versuchen. Kultur und Ethik stehen dabei in einer Wechselbeziehung und sind bereits seit einiger Zeit Gegenstand zahlreicher Debatten und Studien, da sie einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie Menschen Recht und Unrecht wahrnehmen und ethische Entscheidungen treffen.
In diesem Artikel sehe wir uns an, wie die Kultur sowohl die Moralvorstellungen als auch die ethische Entscheidungsfindung beeinflusst, und versuchen die Komplexität und die Auswirkungen dieser Verbindung für die Praxis aufzuzeigen.
KULTURRELATIVISMUS
Einer der wichtigsten Wege, auf denen die Kultur die Moral beeinflusst, ist in der Ethik das Konzept des sog. Kulturrelativismus. Der Kulturrelativismus geht davon aus, dass ethische Normen kulturspezifisch sind, was bedeutet, dass das, was in einer Kultur als moralisch akzeptabel gilt, es in einer anderen nicht sein muss. So können beispielsweise Verhaltensweisen oder Praktiken, die in einigen Kulturen als tugendhaft angesehen werden, in anderen als unethisch verurteilt werden. Diese Relativität unterstreicht die Rolle, die die Kultur bei der Ausformung individueller und kollektiver moralischer Werte spielt.
Ein Beispiel dafür ist z.B. der Begriff „Freiheit“. Wenn wir von Freiheit sprechen denken wir gerne an ein universales Konzept. Jeder Mensch will doch frei sein. Da ist im Prinzip auch richtig nur kann das Konzept von Freiheit sehr unterschiedlich gedeutet werden. Für deinen einen ist Freiheit das absolute frei sein von jeglichem staatlichen Einfluss, man darf sagen was man will auch wenn es für andere beleidigend oder herabwürdigend ist. Für einen anderen bedeutet Freiheit, dass man sich innerhalb gewisser Regeln und Rahmenbedingungen frei verhalten darf, wie man möchte, solange man die Regeln einhält. Man darf seine Meinung frei äußern aber es gibt bestimmte soziale, gesellschaftliche oder persönliche Themen über die man nicht sprechen sollte, auch wenn dies nicht explizit verboten ist aber man jemanden eben beleidigend oder herabwürdigen würde. Wieder andere sehen ihre Freiheit darin frei Reisen zu können oder frei über ihre Berufswahl entscheiden zu können. Gleichzeitig werden aber bestimmte Einschränkungen, wie z.B. die Religionsausübung nicht als frei wählbar gesehen oder gesellschaftlich akzeptiert.
Wir sehen also schon bei diesem vermeintlich einfachen Begriff, das Kulturrelativismus sehr komplexen Formen annehmen kann und wir, auch wenn wir häufig gleiche Begriffe für bestimmte Konzepte benutzen, diese doch sehr unterschiedlich ausgelebt werden können. Gerade im Geschäftsleben spielt das eine wichtige Rolle, da wir über die Kulturen hinweg sehr häufig Begriffe nutzen, von denen wir meinen sie wären für uns alle gleich. Das trifft man z.B. häufig bei Begriffen aus den Verhaltenskodexen wo international häufig englische Worte wie Integrity, Excellence, Reliabiltiy oder auch Saftey, Respect, Commitment verwendet werden, diese aber je nach Kultur teils sehr unterschiedlich aufgefasst werden können.
NORMEN UND WERTE
Kulturelle Normen und Werte sind die Bausteine der Ethik und Moral in einer Gesellschaft. Diese Normen geben vor, wie sich der Einzelne verhalten soll, was als angemessen oder unangemessen gilt und welche Handlungen als ethisch oder unethisch angesehen werden. Normen und Werte werden dem Einzelnen von klein auf durch Sozialisierungsprozesse innerhalb der jeweiligen Kultur "eingeimpft". In einer kollektivistischen Kultur können ethische Entscheidungen beispielsweise durch die Betonung des Gemeinschaftswohls beeinflusst werden, während in einer individualistischen Kultur persönliche Autonomie und Eigeninteresse eine größere Rolle spielen können.
Am Beispiel der Freiheit haben wir bereits gesehen, wie unterschiedlich hier die Wahrnehmung und Auslegung sein. Bei Normen und Werten sehen wir dies noch deutlicher da sich diese meist nicht nur in der Auslegung, sondern häufig sogar bereits bei sehr unterschiedlichen Normen und Werten selbst zeigen. So z. B. bei der Norm des sozialen Umgangs. Kommen Sie z. B. aus Deutschland wird für sie das alleine sein und ungestört Zeit mit sich selbst verbringen nicht fremd sein. Aber gerade Kulturen, die mehr Kollektivistisch ausgerichtet sind sehen das evtl. anders. Dort ist allein sein und ungestört sein ein Zeichen von sozialer Isolation. Man will nicht mit der Gemeinschaft mit machen. Es ist üblich immer jemanden um sich herum zu haben. Kollegen, Freunde, Familie, Nachbarn. Immer ist jemand da und man ist immer erreich- und ansprechbar. In beiden Kulturen existiert der Begriff Quality-Time oder auch Me-Time, wird aber vollkommend unterschiedlich ausgelegt. Während die eine Kultur Me-Time als absolutes zurückziehen und in sich gehen ohne äußere Störungen sieht, kann in der anderen Kultur Me-Time einfach nur bedeuten abends mal nicht mit Freunden auszugehen, zuhause zu bleiben und mit Freunden und Familie lediglich zu chatten.
RELIGIÖSE UND PHILOSOPHISCHE ÜBERZEUGUNGEN
Religiöse und philosophische Überzeugungen sind integrale Bestandteile der Kultur und haben einen erheblichen Einfluss auf Moral und ethische Entscheidungen. Verschiedene Kulturen haben unterschiedliche religiöse und philosophische Systeme, die moralische Codes und ethische Grundsätze vorschreiben. Diese Systeme zeigen dem Einzelnen, wie er ein tugendhaftes Leben führen, ethische Entscheidungen treffen und andere behandeln soll. Die Zehn Gebote im Christentum oder die Fünf Säulen des Islams beispielsweise geben den Gläubigen klare ethische Richtlinien vor und beeinflussen ihre moralischen Entscheidungen.
In der Praxis kommt es so z.B. zu unterschiedlichen Auffassungen über Vorherbestimmung und wie weit der Mensch Einfluss bestimmte Geschehnisse hat. So kann es sein, dass in mehrheitlich religiösen Kulturen dem Menschen weniger Einfluss zugeschrieben wird und der göttliche Wille eine entscheidende Rolle bei Geschehnissen spielt. So sehr sich der Mensch auch anstrengt etwas zu erreichen, so stark ist auch der göttliche Einfluss der letztlich z.B. über das Gelingen einer Sache entscheidet. Andere Kulturen wiederum können diesen göttlichen Einfluss komplett ausblenden und rein auf das menschliche Handeln Bezug nehmen. So entstehen unterschiedliche Bezugsrahmen z.B. für Termintreue, Leistungserbringung, strategische Planung etc.
SOZIALE INSTITUTIONEN
Die Kultur durchdringt verschiedene soziale Institutionen, darunter die Familie, das Bildungswesen und die Rechtssysteme, die die Moral und die ethische Entscheidungsfindung weiter prägen. Diese Institutionen verstärken kulturelle Normen und Werte und tragen dazu bei, den Sinn des Einzelnen für richtig und falsch zu formen. So können beispielsweise Erziehung und Bildung in der Familie einen Sinn für Empathie, Respekt für andere und die Bedeutung von Ehrlichkeit vermitteln, während das Rechtssystem Regeln und Konsequenzen durchsetzt, die mit der gesellschaftlichen Ethik in Einklang stehen.
IN-GROUP VS. OUT-GROUP DYNAMIK
Kulturelle Einflüsse auf die Ethik und Moral sind nicht auf individuelle Werte und Verhaltensweisen beschränkt, sondern erstrecken sich auch auf die Gruppendynamik. Die Dynamik innerhalb und außerhalb der Gruppe, die oft durch kulturelle Zugehörigkeiten beeinflusst wird, kann sich auf ethische Entscheidungen auswirken. Es kann vorkommen, dass Menschen das Wohlergehen und die Interessen der Angehörigen ihrer eigenen Kultur oder Gruppe gegenüber denen anderer Kulturen oder anderer Gruppen bevorzugen. Dieser Ethnozentrismus kann bei interkulturellen Interaktionen zu ethischen Dilemmata wie Diskriminierung, Ausgrenzung oder Voreingenommenheit führen.
LASSEN SIE UNS ZUSAMMENFASSEN!
Kultur übt einen tiefgreifenden Einfluss auf die Ethik, Moral und die ethischen Entscheidungen des Einzelnen aus. Dies geschieht durch die Brille des kulturellen Relativismus, der Festlegung von Normen und Werten, religiöser und philosophischer Überzeugungen, sozialer Institutionen und der Dynamik von Gruppen innerhalb und außerhalb der Gruppe.
Das Verständnis der Rolle der Kultur bei der Gestaltung der Ethik ist von entscheidender Bedeutung, denn es hilft zu erklären, warum moralische Werte und ethische Entscheidungen von einer Kultur zur anderen stark variieren können. Die Anerkennung dieser kulturellen Einflüsse ist für die Förderung des kulturübergreifenden Verständnisses und der ethischen Entscheidungsfindung in einer zunehmend vernetzten Welt unerlässlich.
Kultur ist zwar eine starke Kraft, die unsere Ethik und Moral prägt, aber es ist auch wichtig zu erkennen, dass der Einzelne die Fähigkeit besitzt, seine ethischen Überzeugungen zu überdenken und sie an veränderte Umstände und den Einfluss anderer Kulturen anzupassen.
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